Rezension zu „Archipel“ von Inger-Maria Mahlke

Es ist interessant und gleichzeitig auch sehr verwirrend, wenn man sich die vielen Rezensionen zu diesem Buch ansieht. Ich habe mich unwillkürlich gefragt, ob ich das gleiche Buch gelesen habe. Denn mir hat dieses Buch wirklich sehr gefallen. Aber es ist hier wahrscheinlich sehr wichtig, mit welchen Erwartungshaltungen man an dieses Buch herangeht. Ich hatte fast keine und habe mich überraschen lassen und ich wurde überrascht. Und ich kann durchaus nachvollziehen, warum dieses Buch den Deutschen Buchpreis bekommen hat. Es hat für meine Begriffe auch nur recht wenig zu einer 5 Sterne Bewertung meinerseits gefehlt. Diese habe ich nur deshalb nicht gegeben, weil der letzte Rest zum angeknipst sein gefehlt hat. Die Art des Erzählens, also der rückwärts erzählte Aufbau des Buches und die immer rudimentärer werdenden Abschnitte, wie Erinnerungen gleichgesetzt, verdient meiner Meinung nach definitiv diese 5 Sterne Bewertung.

Was haben wir hier: Es wird hier die Geschichte von drei sozial unterschiedlich gestellten Familien erzählt, die hochgestellten Bernadottes, die gutbürgerlichen Bautes und die armen Morales Ruiz, die ganze Geschichte ist angesiedelt auf der Kanaren Insel Teneriffa, spiegelt die Geschichte der Insel. Doch eigentlich wird in der Geschichte dieser drei Familien auf die Geschichte Spaniens geschaut und die Folgen der zurückliegenden Zeit auf das Heute demonstriert und ebenso werden die Risse aufgezeigt, die durch die spanische Gesellschaft gehen, die nie gekittet wurden und mit denen die spanische Gesellschaft leben muss. Genauso wird gezeigt, wie ein wirtschaftliches Absinken eines Landes sich auf die Bevölkerung auswirkt. Von dieser Warte heraus ist dieses Buch sehr vielschichtig, die Autorin hat sich ihre Gedanken zu Spanien gemacht und mir haben ihre Gedanken und die Art der Ausarbeitung sehr gefallen.

Der Titel des Buches ist auch interessant gewählt, die insgesamt 17 Kapitel des Buches handeln in 15 verschiedenen Jahren, insgesamt werden aber 96 Jahre Zeitgeschichte behandelt, von 2015 bis 1919. Je weiter die Geschichte fortläuft, desto mehr werden die Kapitel immer fragmentarischer/rudimentärer, erscheinen wie Erinnerungen, es bildet sich ein Kaleidoskop verschiedener Bilder, fast wie ein Archipel, trotzdem erscheint ein ganzheitlicher und zusammenhängender und auch stimmiger Blick auf die drei verschiedenen Familien.

Anfänglich hatte mich die Autorin auch voll erwischt, ich war angeknipst und begeistert und hatte in meinem Hinterkopf schon die 5 Sterne Bewertung parat. Leider veränderte sich dieser Eindruck und im letzten Drittel/Viertel verliert das Buch an Fahrt.

Ebenso erwähnenswert ist die Art der Schreibe, wirkt diese doch recht kühl, fast emotionslos, dennoch erreicht die Autorin mit dieser Schreibe bei mir sehr viele Emotionen. Nur gegen Ende, vielleicht auch gerade durch diese immer rudimentäreren Kapitel, verliert sich diese Emotion bei mir etwas und das Buch, das Erzählte erscheint weniger strahlend. Schade!


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