Rezension zu „Traurige Tropen“ von Claude Lévi-Strauss
Dieses ethnographische Buch lief mir in den endenden 80er Jahren über den Weg und vor die Augen. Und dieses Buch war sehr eindrucksvoll. Claude Lévi-Strauss, ein französischer Ethnologe, unternahm mit seiner Frau Dina Dreyfuss, ebenfalls eine Ethnologin, zwischen den Jahren 1935 und 1939 mehrere Forschungsreisen in den Mato Grosso und ins Amazonasgebiet. Dieses Buch beeindruckte mich aber nicht nur durch die Darstellung der besuchten Völker, sondern eher durch das zutiefst humanistische Bild, dass dieses Buch „Traurige Tropen“ bietet.
„Traurige Tropen“ beinhaltet eine Reise zu den Kaingang, zu den Caduveu, zu den Bororo, zu den Nambikwara, zu den Munde und zu den Tupi-Kawahib. Genauso liefert der Ethnologe Lévi-Strauss aber auch einen zutiefst humanistischen und empathischen Blick auf die indigenen Bewohner Brasiliens. Ein Blick, der berührt und ein Blick, der begeistert. Dieses Buch war eines dieser Bücher, welches meinem Hirn ein Interesse für die Indigenen der Amerikas bescherte, welches mein Herz für die Indigenen der Amerikas entzündete. Ein Buch, welches den Lesern eine kulturelle Vielfalt präsentiert, eine komplexe Welt, die sich uns erst heute nach und nach entfaltet. Denn man sollte bedenken, dass es erst seit einiger Zeit bekannt ist, dass die Bewohner der Gebiete Amazoniens in der Lage waren, durch eine Aufbesserung des vorher nicht so ertragreichen Bodens mit selbst hergestellter Terra Preta, eine viel höhere Besiedlung zu ermöglichen und so zum Beispiel den Expeditionsbericht Orellanas einen größeren Wahrheitsgehalt zu attestieren. Interessant sind auch die in manchen Gebieten Amazoniens auftretenden kulturellen Übereinstimmungen, die über sprachliche Grenzen hinweg funktionierten. Denn auch diese Sprachenvielfalt in den amazonischen Gebieten gibt Rätsel auf. Rätsel zur Besiedlung und zum Kontakt unter den verschiedenen Völkern.
Wer Interesse an diesem komplexen Gebiet hat, dem sei hiermit das Buch „Traurige Tropen“ von Claude Lévi-Strauss empfohlen. Ein Buch mit einem Blick in die Vergangenheit. Aber nicht vollkommen, denn diese behandelten Völker gibt es heute noch, nicht mehr in der Lebensweise, in der Kultur, die in dem Buch beschrieben wird. Aber es gibt sie weiter. Trotz der Erkrankungen und trotz der vielen Morde, die die Europäer nach Amazonien gebracht haben. Aber es muss den Lesern auch klar sein, dass jedes dieser Völker Überlebende anderer Völker in sich aufgenommen hat und auch dadurch weiter existiert, sich dadurch aber auch veränderte. Durch das Verschwinden anderer Gruppen und ihre Assimilation in die eigene Gruppe und einem gewaltigen Bevölkerungsrückgang, den die überlebenden Gruppen hinnehmen mussten, veränderte sich natürlich die ursprüngliche Welt der betreffenden Völker. Erst nach und nach werden immer mehr Details in der Besiedlungsgeschichte der Amerikas klarer und die Lektüre der älteren Werke zu den Indigenen der Amerikas helfen hier natürlich weiter.
⭐⭐⭐⭐⭐
Rezension: © Booquinia
Unbezahlte Werbung, Coverbild des Buches: © Suhrkamp
Sachbuch
1978 bei Suhrkamp erschienen (aktuelle Auflage 2020)
978-3-518-27840-6
424 Seiten