Rezension zu „Was mit dem weißen Wilden geschah“ von François Garde

Ich habe vor einiger Zeit dieses Buch hier gelesen. Und ich war restlos begeistert. Hier wurde ein wirklich sehr interessantes Thema beleuchtet, welches einen realen historischen Hintergrund beschreibt. Narcisse Pelletier lebte von seinem 14. Lebensjahr im Jahre 1858 bis ins Jahr 1875 bei einer Aborigines Gruppe, den Kawadji oder Uutaalnganu auf Night Island im heutigen Queensland in Australien. Und das Ganze geschah anfänglich nicht ganz so freiwillig. der junge Seemann wurde nämlich bei einem Landgang in Australien zurückgelassen. Die Gründe darüber variieren in den verschiedenen Quellen. Im Jahr 1875 wurde er zwangsweise wieder in die „Zivilisation“ zurückgebracht, was für Pelletier Jahre eher eine Freude gewesen wäre, wurde für ihn zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Prüfung. Er wurde in Australien in den Stamm der Aborigines aufgenommen, hatte Wissen über die Zeremonien der Eingeborenen, war also einer von ihnen, musste sich jetzt gezwungenermaßen wieder umorientieren. Wir alle wissen, wie Neues uns stören kann. Wie muss es da erst Pelletier gegangen sein? Dies sind die realen Fakten, im Buch werden die Jahreszahlen etwas verändert, hier dauert Pelletiers Zeit bei den Kawadji von 1843 bis 1860 und einige Namen von realen Personen wurden verändert. Geschrieben ist dieses Buch in zwei Handlungssträngen und zwei Sichtweisen, einmal berichtet ein französischer Beamter und einmal berichtet Pelletier. Und durch die beiden Sichtweisen erschließt sich nach und nach Pelletiers Geschichte. Aber der Kern des Buches ist ebenso eine soziale Frage, welches ist die bessere Zivilisation???, die der australischen Eingeborenen oder die westliche??? Welches ist die sozialere Zivilisation??? Interessante Fragestellungen, ich weiß. Und genau um diese Fragestellungen geht es, nun ist das 19. Jahrhundert eine andere Zeit, es gelten andere Regeln, andere Maßstäbe. Aber genau darum sind diese Fragen auch so interessant, obwohl man sich als heutiger Leser natürlich auch so seine Gedanken dazu machen kann. Nun ist diese vollkommene Assimilation eines westlichen Menschen in eine andere Welt auch durch das Alter der betreffenden Person begünstigt worden und ebenso auch durch das Alleinstehen in einer fremden Welt. Und wen dieser Fall wundern sollte, Narcisse Pelletier ist durchaus kein Einzelfall, es gab viele Personen, die in indigene Völker aufgenommen wurden und zu vollwertigen Stammesmitgliedern wurden und der westlichen Zivilisation nicht mehr viel abgewinnen konnten. (z.B. Cynthia Ann Parker) In der völkerkundlichen Literatur treten diese Personen immer wieder auf, genauso gab es aber auch Menschen, die unfreiwillig in fremden Kulturen lebten. Aber um zu dem Buch zurückzukehren, die Fragen der Sozialisation Pelletiers sind äußerst interessant und regen zum Nachdenken an. Mir hat dieses Buch sehr gefallen und für mich ist es durch diese geschickt formulierten Fragen zur Sozialisation Pelletiers durchaus begründbar, dass Garde 2012 den Prix Goncourt du premier Roman für „Ce qu’il advint du sauvage blanc“ erhielt. Gardes Jahre als Verwaltungsbeamter auf Neukaledonien werden ihm garantiert hilfreich bei diesem Roman gewesen sein, Neukaledonien hat noch immer einen recht hohen Anteil an Mitgliedern der alten Stammesbevölkerung und deren Stellung bei den europäischen Bewohnern in der Vergangenheit und auch später in der heutigen Zeit werden garantiert zum Nachdenken angeregt haben. Unbedingt Lesen!!!


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