Rezension zu „Die Paradiese von gestern“ von Mario Schneider

Ein schönes Buch! Ein Buch wie ein Film. Wie ein französischer Liebesfilm. Etwas plätschernd, aber ebenso nachdenklich machend und aufwühlend, ein Sinnieren erzeugend. Eine absolut interessante Geschichte über die Liebe und über den Menschen, voller interessanter Charaktere, vollkommen empathisch und auch spannend gelungen, nur etwas mehr Feuer hätte ich mir gewünscht.

Das Paar Ella und René sind jung und frisch verliebt. Sie kommen aus Ostdeutschland und verbringen, kaum dass die Mauer gefallen ist, ihren ersten gemeinsamen Urlaub in Südfrankreich. Dabei geraten sie auf das heruntergekommene Weinschloss der Madame de Violet, einem ehemaligen 5-Sterne-Hotel. Sie übernachten dort. Die Welt der De Violets eröffnet sich ihnen und auch der Leserschaft wie in einem federleichten Traum. Charlotte de Violet lebt aber in ihrem heruntergekommenen Schloss, sieht einem Desaster entgegen. Ihr verschwiegener Diener und Freund Vincent versucht ihr zu helfen, übersieht aber den Stolz der Gräfin. Ella und René sollen die letzten Gäste des Weinschlosses sein, bevor die Gräfin Charlotte Schloss und Land verkaufen wird und in die Stadt zieht. So scheint der Plan. Doch dies hat Charlotte nicht vor. Diese letzte Blamage will sie nicht mehr erleben und sie plant ihren Abgang von der Welt. Bei einem letzten gemeinsamen Abendessen mit der letzten Flasche guten Weins der eigenen Herstellung soll alles gefeiert und besiegelt werden und zu diesem denkwürdigen Ereignis soll auch der Sohn des Hauses erscheinen, Alain. Doch bei diesem Abendessen knallt es zwischen der Gräfin und ihrem Sohn. Ebenso wie dieses emotionale Aufeinandertreffen von Mutter und Sohn auch Spuren bei Ella und René haben wird. Durch gewisse Ereignisse kommt es auch zu einem Eklat zwischen den Liebenden, die Liebe der Beiden wird auf eine erste Probe gestellt. René und Alain fahren zusammen nach Paris, René lernt die Metropole und ihre gut situierten Bewohner kennen. Einen Lebensstil, der ihm vollkommen fremd ist, der ihn verwundert, abstößt, der ihn erkennen lässt, was er eigentlich hat und wer er ist. Ella bleibt auf dem Schloss und nähert sich Vincent an, lernt dabei einen anderen Menschen, eine andere Lebenssicht und einen anderen Lebensstil kennen. Etwas, was auch Ella beeinflussen und verändern wird. Am Ende kommen dann alle Parteien wieder auf dem Schloss zusammen und steuern geläutert auf ein interessantes Finale zu. 

Ebenso treffen in diesem Buch auch Systeme aufeinander. Die einstige Welt des jungen Paars, der jetzige Kapitalismus und auch die vergangene Welt des Adels in Europa, eine Welt des Stolzes. Und ebenso ist das Buch ein gelungener Blick auf den Menschen. Intensiv, interessant und lehrreich!

Manchmal ist „Die Paradiese von gestern“ nur mit einigen Längen ausgestattet, was dem Buch den letzten Stern kostet. Allerdings ist dieser Weg zum letzten Stern ein kurzer, beim nächsten Buch schafft Mario Schneider diesen Stern sicher auch noch. Denn dieses Buch ist wirklich wunderbar zu lesen und es wird bei mir bleiben, was eigentlich auch eine Wertung ist. Denn unsere Regale wachsen ja nicht mit unseren Wünschen!


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